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Info:
Der RTW aus Bordesholm ist auf der Seite BOS-Fahrzeuge.info unter der Nr. V113579 registriert.
Fahrzeuggeschichte:
Die Historie dieses frühen Rettungswagens (RTW) mit Kofferaufbau konnten wir noch nicht endgültig verifizieren.
Ursprünglich soll er beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) im Raum Köln gelaufen sein. Dorthin konnten wir allerdings bisher keinen Kontakt aufnehmen.
Bekommen haben wir das Fahrzeug 2017 vom DRK Bordesholm, wo das Fahrzeug hauptsächlich für Sanitätsdienste eingesetzt und als KTW kategorisiert war, daher der Funkname RK 75/85-1.
Bis Mitte der 1990er Jahre wurden für den Ausbau von Rettungswagen in Deutschland in aller Regel normale Kastenwagen von Mercedes-Benz, Volkswagen oder Opel verwendet. Erst der 1995 eingeführte Mercedes Sprinter bot mit stärkeren Motoren und höheren Traglasten eine effektive Möglichkeit zum Aufsetzen schwerer Koffer. Entsprechend tauchten Koffer-RTWs aus deutscher Produktion in größerer Stückzahl erst ab 1995/96 auf.
Als erster deutscher Vorläufer von Kofferaufbauten für den Rettungsdienst gilt das Projekt SAVE (Schnelle Ambulante Vorklinische Erstversorgung) von Porsche. In Zusammenarbeit mit dem Bundesforschungsministerium sollte ein moderneres Rettungswagen-Konzept für die 1980er Jahre entwickelt werden. Insgesamt zwölf SAFE RTWs auf Fahrgestellen von Mercedes-Benz und Volkswagen gingen in den Testbetrieb an verschiedenen Rettungswachen, durchgesetzt hat sich das Konzept allerdings nicht. Dafür gab es sicherlich mehrere Gründe, ein wesentlicher war aber die zu schwache Motorisierung der verfügbaren Fahrgestelle und die zu geringe Traglast für die schweren Aufbauten.
In den USA gehörten Koffer-Rettungswagen auf kräftig motorisierten Fahrgestellen von Ford, Dodge oder Chevrolet in den 1980er Jahren bereits zum Standard. Deren Koffer verfügten schon damals über diverse von außen zugängliche Fächer für Notfallkoffer, Sauerstoff- und Rettungs-Equipment, wie sie später auch bei uns selbstverständlich wurden.
Die ersten Koffer aus deutscher Produktion boten solche Fächer nur teilweise. Bei unserem RTW aus Bordesholm nutzte WAS diese Möglichkeiten aber durchaus schon.
Die Ausstattung mit zwei großen Außenfächern und dem ungewöhnlichen Zusatzfenster hinter der Seitentür im Koffer legte uns den Verdacht nahe, daß es sich hier um eine Art Prototyp eines Kofferaufbaus handeln könnte. Dieser Gedanke wurde bei näherer Betrachtung des Koffers noch verstärkt.
Offensichtlich wurden Defibrillatoren vom Typ Bruker Defigard 2002 sowohl im Innenraum links als auch im Aussenfach vorne rechts unter den Notfallkoffern eingebaut. Auch für die Unterbringung von Beatmungsgeräten wurden zwei verschiedene Optionen getestet. Ein Oxylog 1000/2000 wurde über dem Kopf des Patienten an der Decke des Koffers montiert, eine weitere mobile Einheit auf der typischen Oxylog-Trageplatte ist links über dem Defi montiert.
Diesen Optionen entsprechend ist unser RTW aktuell tatsächlich komplett ausgestattet mit 2x Defigard 2002, 2 x Oxylog 2000, Accuvac Absaugpumpe sowie zeitgenössischem Immobilisations-Equipment und Verbrauchsmaterial.
Zur Darstellung der zeitgenössischen Ausstattung solch eines RTWs ist auch das Medikamentenfach fast komplett bestückt mit Ampullen aus der Einsatzzeit des RTWs.
Übrigens bohren wir solche Ampullen mit einem Spezialverfahren vorsichtig auf und entleeren sie, damit in einer Ausstellung niemand scharfe Medikamente entwenden kann. Die kleinen Bohrlöcher im unteren Bereich erkennt man nur bei genauerem Hinsehen. Der Inhalt der Ampullen wurde natürlich fachgerecht über eine Apotheke entsorgt!
So entspricht die Ausstattung dieses Koffer-RTWs vermutlich wieder weitgehend dem historischen Original. Vielleicht kommen wir im Laufe der Zeit ja noch weiteren Details aus seinen ersten Einsatzjahren auf die Spur.
Sollte jemand vom ASB aus dem Raum Köln den RTW wieder erkennen und sich an Details erinnern oder gar alte Fotos haben, so würden wir uns über eine Kontaktaufnahme sehr freuen!
Die äußere Optik haben wir bisher so belassen, wie sie an seinem letzten Standort in Bordesholm gefahren wurde.
Wir danken dem Team vom DRK in Bordesholm ganz herzlich für die Überlassung des Fahrzeugs und halten es als schönes Beispiel für die historische Entwicklung des deutschen Rettungsdienstes besonders in Ehren.